Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge
Sport Dreisbach schließt aus Altersgründen!
Bad Berleburg. (wipo) Bernd Dreisbach und seine Frau Friederike stehen mitten in ihrem Ladenlokal in der Graf-Casimir-Straße 12 im Herzen von Bad Berleburg. Die Blicke schweifen umher und selbst als Außenstehender erkennt man sofort, an diesem Fachgeschäft für Sportartikel hängt das ganze Herz der Eheleute.
Wipo: Herr Dreisbach, Ihre Frau und Sie haben bereits vor einiger Zeit den Entschluss gefasst, Ihr weit über Wittgensteins Grenzen hinaus bekanntes Geschäft „Sport Dreisbach“ zu schließen. Was hat Sie letztlich dazu veranlasst?
Bernd Dreisbach: Zunächst einmal nennen Sie mich bitte nur Bernd. So kennen mich meine Kunden seit vielen Jahren. Was meine Frau und mich dazu veranlasst hat? Reine Gründe des Alters und auch der fehlenden Nachfolge.
Wipo: Altersgründe? Darf man nach Ihrem Alter fragen?
Bernd: Natürlich. Ich bin 74 Jahre alt und ich denke, dass ich mir in diesem Alter meinen Ruhestand wohlverdient haben dürfte. Auch meine Frau hat das übliche Renteneintrittsalter mittlerweile überschritten.
Wipo: Und ein Nachfolger war oder ist nicht in Sicht?
Bernd: Nein, wir haben zwei Jahre lang im Sportartikelbereich nach einem Nachfolger gesucht. Und trotz aller Anstrengungen haben wir niemanden gefunden! Im Angestelltenverhältnis kann man eben mit geregelten Arbeitszeiten und mehreren Wochen Urlaub im Jahr planen. Das sah bei meiner Frau Friederike, die mich immer unterstützt und geholfen hat, und mir anders aus. Die Firma stand immer im Mittelpunkt aller Planungen. So ist das als Selbstständiger eben schon mal.
Wipo: Wenn Sie die Pforten schließen, beschließen Sie damit auch eine lange Firmengeschichte. Wie lange waren Ihre Frau und Sie denn als „Sport Dreisbach“ unterwegs?
Bernd: Mehr als ein halbes Jahrhundert! Unglaublich, aber wahr! 1972 habe ich in einem Kellerraum in meinem Elternhaus in Wingeshausen angefangen. Sechs Jahre später, genau am 1. Dezember 1978, ging es dann in einem angemieteten Ladenlokal am Berleburger Bahnhof weiter. 1982 haben wir dann einen ehemaligen Ausstellungsraum der Firma Opel-Rath in der Graf-Casimir-Straße angemietet.
Wipo: Und irgendwann später erfolgte der Umzug in die jetzigen Geschäftsräume?
Bernd: Richtig! Im November 1986 sind wir in unser eigenes Geschäftshaus hier in der Hausnummer Graf-Casimir-Straße 12 eingezogen. Das Gebäude hat übrigens eine abwechslungsreiche Geschichte. Um die Jahrhundertwende, also etwa um 1890, war das ein Trafo-Haus, in dem der Strom für Berleburg produziert wurde. Danach hat das Autohaus Rath hier ihre erste Kfz-Werkstatt eingerichtet. Später hat die damalige Kurverwaltung WKA das Gebäude als Turnhalle genutzt.
Wipo: Und danach folgte „Sport-Dreisbach“ mit seinem Sportartikel-Vollsortiment und der Wanderer-Komplettbekleidung bzw. -Ausrüstung?
Bernd: Genau. Der Kauf lief damals federführend über den damaligen Chef der WKA, Hans-Hermann Leimbach, der den älteren Berleburgern ja noch bestens bekannt sein dürfte, ab.
Wipo: Wie geht es jetzt weiter?
Bernd: Der Räumungsverkauf startet am Donnerstag, 2. November, mit attraktiven Angeboten! Schnäppchen dürfen erwartet werden! Aber nichtsdestotrotz betrachten wir die Schließung mit gemischten Gefühlen. Schließlich haben wir zahlreiche Stammkunden, die unsere Beratung, unseren Service und unser Sortiment zu schätzen wissen. Stellenweise können wir Kunden in der dritten Generation hier bei uns begrüßen. Das ist für unsere Firmenphilosophie und für uns persönlich die größte Form der Wertschätzung unserer Tätigkeit. Sehr leid tut uns unser Entschluss zur Schließung auch für unsere zwei langjährigen Mitarbeiterinnen, unsere Tochter Natalie Knebel und Daniela Dreisbach.
Wipo: Und bei Ihnen persönlich geht es wie weiter?
Bernd: Ich werde mich noch mehr meinem Hobby „Laufen“ widmen! Ich fühle mich noch nicht wie 74. Ich laufe seit über 60 Jahren, oft auch über zwei Stunden und dabei kommen mir mit die besten Ideen. Die Kondition ist geblieben, die Schnelligkeit lässt nach. Und was geblieben ist, sind halt die Ideen!
Wipo: Soll heißen?
Bernd: Na, ich spiele immer noch mit dem Gedanken einen Laufschuh zu entwickeln. Nicht alles, was sich Laufschuh nennt, ist über einen längeren Zeitraum auch als solcher zu gebrauchen. Außerdem arbeite ich seit drei Jahren an der Entwicklung einer „Strommaschine“ – So nenne ich sie – mit ihr kann man Energie erzeugen, diese speichern und dann abrufen. Es mangelt aber noch am funktionierenden Antrieb!
Wipo: Man sieht schon, ein Ruhestand wird das eher nicht! Ihnen und Ihrer Frau aber auf jeden Fall viel Glück und Gesundheit im neuen Lebensabschnitt!